Bundesrat kippt Dynamo-Pflicht - was heißt das für Fahrradbeleuchtung?

8. Juli 2013

Wie schon seit einiger Zeit immer wieder angekündigt, hat nun der Bundesrat in seiner Sitzung vom 05.07.2013 beschlossen, dass grundsätzlich auch mit Batterien oder Akkus betriebene Fahrradbeleuchtung zulässig ist.
§ 67 Absatz 1 StVZO wurde entsprechend geändert.

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Hier die Neufassung von § 67 Absatz 1 StVZO:

Fahrräder müssen für den Betrieb des Scheinwerfers und der Schlussleuchte mit einer Lichtmaschine, deren Nennleistung mindestens 3 W und deren Nennspannung 6 V beträgt oder einer Batterie mit einer Nennspannung von 6 V (Batterie-Dauerbeleuchtung) oder einem wiederaufladbaren Energiespeicher als Energiequelle ausgerüstet sein. Abweichend von Absatz 9 müssen Scheinwerfer und Schlussleuchte nicht zusammen einschaltbar sein.

Und hier nochmal die alte Fassung:

Fahrräder müssen für den Betrieb des Scheinwerfers und der Schlussleuchte mit einer Lichtmaschine ausgerüstet sein, deren Nennleistung mindestens 3 W und deren Nennspannung 6 V beträgt (Fahrbeleuchtung). Für den Betrieb von Scheinwerfer und Schlussleuchte darf zusätzlich eine Batterie mit einer Nennspannung von 6 V verwendet werden (Batterie-Dauerbeleuchtung). Die beiden Betriebsarten dürfen sich gegenseitig nicht beeinflussen.

Und auch eine Begründung liefert der Bundesrat mit dazu:

Die Verwendung von Batterien oder eines wiederaufladbaren Energiespeichers (Akkus etc.) für den Betrieb von Scheinwerfer und Schlussleuchte an Fahrrädern gewährleistet grundsätzlich das gleiche Sicherheitsniveau wie die Verendung einer Lichtmaschine (Dynamo) als Energieversorger. Zudem gewährleisten sowohl batterie- als auch akkubetriebene Scheinwerfer und Schlussleuchten eine gute Erkennbarkeit der Fahrradfahrer, da die Intensität der Lichtabstrahlung unabhängig von der Fahrgeschwindigkeit gleichmäßig hoch ist und auch im Stand erfolgen kann. Daneben wird ihnen eine höhere Akzeptanz entgegengebracht, die offenbar unter anderem daraus resultiert, dass der Betrieb der Beleuchtung mit Batterien und Akkus – im Gegensatz insbesondere zu älteren Dynamos – keine fahrdynamisch wirksamen Leistungsverluste oder eine Einschränkung der Beleuchtung bei schlechten Witterungsverhältnissen mit sich bringt.

Also kurz zusammengefasst, für Fahrräder die im Straßenverkehr bewegt werden sollen gilt:

  • eine dynamobetriebene Lichtanlage mit Nennspannung 6V und Nennleistung mind. 3W ist weiterhin erlaubt
  • Abweichend davon kann eine batteriebetriebene Lichtanlage mit Nennspannung 6V verwendet werden
  • oder eine akkubetriebene Lichtanlage ohne eine Spannungsvorgabe

Ein interessanter Nebeneffekt dürfte übrigens sein, dass nach dieser Regelung auch Pedelecs keinen Dynamo mehr brauchen dürften, sondern die Beleuchtung über den Fahrakku betrieben werden kann.

Hier auch ein Artikel zu den aktuellen Vorschriften der StVZO zu Fahrradbeleuchtung

begrüßenswerte Änderung?

Alles in allem ist das tatsächlich eine begrüßenswerte Änderung. Eine gute Lichtanlage ist im Straßenverkehr bereits aus logischem Menschenverstand, ganz ohne gesetzgeberische Vorgaben, als sinnvoll anzusehen. Und eine „gute Lichtanlage“ hat in meinen Augen drei Punkte zu erfüllen:

  • ermöglicht dem Fahrer, in der Dunkelheit selbst zu sehen
  • ermöglicht anderen Verkehrsteilnehmern, den Radfahrer gut zu sehen
  • behindert andere Verkehrsteilnehmer nicht (beispielsweise durch Blendung)

Und warum sollte das eine Akkulampe nicht können? Sie kann es! Natürlich kann der Akku leer sein, was einem Dynamoscheinwerfer nicht passieren kann. Aber dass ein Verkehrsteilnehmer dafür zu sorgen hat, dass seine Beleuchtungseinrichtung auch funktioniert, versteht sich in meinen Augen von selbst.
Ein Benutzer von Akkubeleuchtung hat dafür zu sorgen, dass die Akkus sicher bis nach Hause reichen. Und ein Dynamo-Benutzer sollte sicherstellen, dass die Verkabelung seiner Beleuchtungsanlage nicht defekt ist. Wer das nicht auf die Reihe kriegt, der hat im Fall des Falles eben nur noch die Wahl, als Fußgänger am Straßenverkehr teilzunehmen.

Also: toll! Alles wie es sein sollte? Einige Kritikpunkte und offene Fragen gibt es leider weiterhin.

eine kritische Würdigung

Erste Frage: warum müssen Batterien eine Nennspannung von 6V haben während es für Akkus keine Vorgabe gibt? Ich sehe hier keinen Grund, außer dass die Sache mit den Batterien und 6V wohl aus der alten Version übernommen wurde, während die Sache mit den Akkus neu dazugekommen ist. Bitte – wäre es so schwer gewesen das sinnvoll zu regeln? Eine brauchbare Fahrradbeleuchtung ist nicht durch eine bestimmte Nennspannung gekennzeichnet.

Zweiter Punkt: für mich hört sich das Ganze so an, als ob die Lichtanlage fest montiert sein muss. Stecklichter wären also nicht erlaubt. Da wären wir also wieder beim Punkt „logischer Menschenverstand“. Der sagt mir, dass ich bei Dunkelheit für eine ausreichende Beleuchtung zu sorgen habe. Falls ich das richtig interpretiere, schreibt mir der Gesetzgeber dagegen vor, dass ich auch tagsüber eine Lampe an meinem Fahrrad haben muss. Der Sinn davon liegt jetzt genau wo?
Zu klären wäre an dieser Stelle natürlich, ob meine Interpretation richtig ist. Eine abschließende Antwort darauf konnte ich bisher nicht finden.

Alles in allem frage ich mich, welche Batterie- bzw. Akkuleuchten denn nun wirklich erlaubt sein werden. Man darf gespannt sein…

meine Tipps für eine gute Beleuchtung

M.E. gibt es zwei Dinge, die man im Hinterkopf behalten sollte:

1. wer sich nicht an Vorschriften hält, riskiert ein Bußgeld. Auch wenn die Vorschriften bei Kontrollen wohl oft recht großzügig ausgelegt wurden und auch bisher Akkubeleuchtung selten moniert wurde: wer ganz sicher gehen will, kommt nicht drum herum, sich peinlichst genau an Vorschriften zu halten

2. Wer Nachts mit einer ungeeigneten Beleuchtungsanlage unterwegs ist, gefährdet seine Sicherheit. Hier ist Nachdenken angesagt, Paragraphen helfen hier nicht weiter!

Also bitte:

  • kauft euch eine gescheite Beleuchtungsanlage. Ob dynamobetrieben oder akkubetrieben ist Geschmackssache. Der Preis sollte sich daran bemessen, wie oft man im dunkeln unterwegs ist. Eine ausreichende Beleuchtungsanlage muss kein Vermögen kosten…
  • Akkuscheinwerfer mit rundum-Abstrahlung sind für den Offroadeinsatz eine tolle Sache. Für den Straßenverkehr aber aus gutem Grund nicht zugelassen, auch nach der aktuellen Änderung! Denn sie blenden extrem den Gegenverkehr, auch auf niedrigster Helligkeitsstufe! Wer es nicht glaubt – bitte probiert es aus.
  • stellt eure Fahrradlampen richtig ein! Ein zu hoch eingestellter Scheinwerfer hat den gleichen Effekt wie ein Offroad-Scheinwerfer. Er blendet! Und das ist nicht „etwas störend“ sondern macht entgegenkommenden Verkehr quasi blind
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Und das ist leider kein Einzelfall. Gefühlt jeder zweite bis jeder dritte kommt mir nachts mit einem falsch eingestellten Scheinwerfer entgegen…

zum weiterlesen


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Kommentare [7]

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— Christoph · 21. Dezember 2017, 21:56 · #

Der letzte Kommentar ist schon etwas her, aber auch von mir vielen Dank für die gebündelten Infos und den Link unten.
Ich hatte früher schon immer wieder Schwierigkeiten, dass der Dynamo bei Regen nicht mehr funktionierte, da sind batteriebetriebene Lampen sicher besser.

Zum fest montiert fällt mir heutzutage ein gewisesr Trend zu Stirnbändern mit Lampe auf. Die sehe ich nicht wirklich als geeignet, zumal der Leuchtwinkel wie oben passend beschrieben nicht immer “Autofahrerfreundlich” ist. Und ein Handy in der Hand – so hell es auch sein mag – ist nicht fest… ich stelle mir vor, dass sowas gemeint ist.

Die Leistungsangabe ist tatsächlich skurril, da manche LED mit 1,5V-Batterie heller ist als manche Glühbirne mit 9V-Block… Einzig sinnvoll wäre hier eine Lumen-Angabe (wenn die Batterie einer 20V-Maschine langsam alle ist, scheint das Licht auch nicht mehr), aber Lumen ist für Polizeikontrolle einfach schlecht messbar…

Grauzonen gibts immer, aber das war ein find ich sehr sinnvoller Schritt.

Stefan | Fahrradbeleuchtung-Info · 5. Dezember 2015, 15:14 · #

hallo Dlabal Siegfried,

im Rücklicht ist ein Überspannungsschutz integriert, der die überschüssige Leistung verbraten sollte. Ob das dauerhaft wirklich zufriedenstellend funktioniert, kann ich aber auch nicht sagen…

— Dlabal Siegfried · 3. Dezember 2015, 08:39 · #

Ich habe meine alte Karre auf Nabendynamo umgerüstet. Das Licht ist zwar mit den richtigen Scheinwerfern vorne wie hinten sehr hell, aber leider gibt es zu viele Aussetzer. Die Verkabelung vom Dynamo zur Lampe und dann weiter nach hinten gibt immer wieder Anfriffspunkte zum Ausfall. Zudem werden die teuren Vorderscheinwerfer schneller geklaut als ich sie nachkaufen kann. Ich habe jetzt für vorne einen auf den Lenker aufklickbaren Batteriescheinwerfer montiert. Auch sehr hell, mit 3 AAA Batterien, die man billig nachgeschmissen bekommt.
Den Rückscheinwerfer (Basta Ray Steady Standlicht) habe ich direkt mit dem Nabendynamo verbunden. Schön hell, aber wie lange? Er bekommt jetzt doppelt Strom, da ja der vordere Scheinwerfer fehlt. Brennt der durch irgendwann? Falls ja, wie kann man das verhindern? Ein zweites Rücklicht montieren? Oder sonstwie überschüssigen Strom ableiten?

— Clemens · 11. Juni 2015, 10:05 · #

> “(…) dass ich auch tagsüber eine Lampe an meinem Fahrrad haben muss. Der Sinn davon liegt jetzt genau wo?”

Weil es auch tagsüber zu Situationen kommen kann, in denen Licht vorgeschrieben ist! §17 Abs.1 STVO: “(…) oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern (…)”, also z.B. bei Nebel oder im Tunnel.

— Thmlamp · 6. September 2013, 17:40 · #

Hat schon mal jemand hier eine 6V Akku- oder Batterie betriebene Beleuchtungsanlage gekauft?

Fahrradbeleuchtung Info · 9. Juli 2013, 10:22 · #

Michael:
vielen Dank für die Ergänzungen!
Dass die Änderung noch nicht in Kraft ist ist natürlich richtig…
Aber alles in allem sieht das ja recht positiv aus. Wenn ich das richtig sehe, heißt das also wohl, dass wenn die Änderung in Kraft ist, Akkuscheinwerfer die bisher nur für Rennräder unter 11 kg oder als Zusatzbeleuchtung zugelassen waren, dann auch für alle Räder als alleinige Beleuchtung zugelassen sind.

Hier übrigens auch noch ein informativer Artikel der Berliner Zeitung, mit Aussagen vom Verkehrsministerium. Demnach sollen wohl explizit auch Stecklampen erlaubt sein.

— Michael · 8. Juli 2013, 14:24 · #

Danke ersteinmal für diese sehr informative und interessante Seite. Ich möchte anmerken:

- Die Änderung ist noch nicht in Kraft. Es ist hierfür noch die Inkraftsetzung durch den Bundesminister/die Bundesregierung notwendig.

- Das mit den 6V-Batterien versteht wohl keiner, scheint mir “handwerkliche Hast” bei der Forumlierung zu sein.

- Strenggenommen müssen alle Lichttechnischen Einrichtungen, also z.B. auch “Katzenaugen”, fest montiert sein. Wenn “fest” also “nur mit Werkzeug entfernbar” bedeutet, gäbe es wohl fast kein legales Rad. Ich interpretiere fest daher als “wackelt nicht…”. Endgültig klären kann das nur ein Gericht. Klar ist nur, was gewollt war: die Legalisierung der üblichen Batteriesteckleuchten. Die Polizei war schon jetzt großzügig was Elektrolicht anging, künftig wird sie es noch mehr sein können. Wenn einer jetzt noch wegen “Ansteckbar” abkassiert, wenn alles funktioniert und dran ist am Rad, ist das m.E. schon fast als böswilliger Akt gegen den Bürger zu sehen.

- Weiterhin gilt: Auch die Akku/Batterielichter müssen eine Zulassungskennung des Kraftfahrtbundesamtes tragen. Die gibt es auch am Markt (ich kenne darunter aber keine, die keine Stecklichter wären).

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