Wie sehr reduziert sich die Laufzeit von Akku-Fahrradlampen im Winter?

11. Januar 2024

Die chemischen Vorgänge laufen in Lithium-Ion-Akkus bei Kälte langsamer ab. Entsprechend können diese bei tiefen Temperaturen nicht mehr so viel Strom liefern, die Spannung unter Last fällt schneller ab und im Endeffekt auch die Kapazität. Wie stark dieser Effekt genau ist, hängt auch stark vom verwendeten Akku ab. Jeder Akku hat hier etwas verschiedene Eigenschaften. Aber in diesem Artikel soll es gar nicht so sehr um die Theorie gehen. Sondern viel mehr um die praktische Frage, wie sehr Kälte im Winter Akku-Fahrradlampen beeinflusst.
Dazu habe ich drei Akkulampen bei Temperaturen deutlich unter Null getestet und geschaut, wie stark Helligkeit und Akkulaufzeit sich gegenüber höheren Temperaturen verändern.


Die drei getesteten Lampen bei Frost: Knog Blinder 120, Busch & Müller Ixon Space, Trelock LS 660

Fahrradlampen lagern und laden bei Frost?

In diesem Artikel geht es vor allem um den Betrieb von Fahrradlampen bei Frost. Aber vorsichtshalber will ich auch noch ein paar Worte zum Lagern und Nachladen bei tiefen Temperaturen verlieren.

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Lagerung unter 0 °C: Akku-Fahrradlampen bei Temperaturen unter 0 °C zu lagern (sprich: nicht eingeschaltet und es wird nicht geladen), sollte im Prinzip unproblematisch sein. Ich habe nirgendwo etwas gefunden, was dagegen spricht. Und in den Datenblätter vieler Akkus findet man für die Lagerung auch Werte, die bei – 20 °C oder tiefer liegen. Auch die Elektronik sollte tiefe Temperaturen problemlos aushalten.

Laden unter 0 °C: der Strom, den Lithuim-Ion-Akkus aufnehmen können ohne beschädigt zu werden, sinkt bei tiefer Temperatur stark. Zwar können Lithium-Ionen-Akkus prinzipiell auch unter 0 °C geladen werden (0 °C ist hier keine magische Grenze – Wasser ist in den Zellen nicht enthalten), aber nur mit sehr geringem Ladestrom. Für viele Zellen gibt es hier auch keine genauen Werte sondern nur die Angabe, dass die Zelle über 0 °C geladen werden muss. Da man bei den meisten Lampen ohnehin nicht wissen dürfte, welche Zellen verbaut sind gilt: Fahrradlampen unter 0 °C nachzuladen ist unbedingt zu vermeiden! Wichtig ist, dass die Temperatur des Akkus entscheidend ist. Kommt der Akku also aus dem Kalten ins Warme, sollte man mit dem Ladevorgang ausreichend lange warten, bis sich der Akku wieder aufgewärmt hat.

Messaufbau zum Betrieb bei Frost

Aber wie sieht es nun im Betrieb aus? Leuchtet eine Akku-Fahrradlampe bei tiefen Temperaturen weniger hell? Ist die Akkulaufzeit kürzer? Und wenn ja, wie viel? Das wollte ich mal genau nachmessen.

Dazu habe ich den Lumenwert von drei Akkulampen einmal bei Zimmertemperatur gemessen und einmal im Tiefkühler. Jeweils über die gesamte Akkulaufzeit, bis der Akku leer war.

Der Lumenwert wurde dabei mit meiner Ulbrichtkugel gemessen. Messungen bei Zimmertemperatur habe ich für alle Lampen zwar schon durchgeführt. Für diesen Test habe ich die Messung allerdings erneut durchgeführt, um einen Einfluss durch einen ggf. gealterten Akku auszuschließen (eine Befürchtung, die sich aber nicht bewahrheitet hat – zu meiner letzten Messung gab es kaum Abweichungen). Bei der Vergleichsmessung bei Zimmertemperatur habe ich automatisch alle 10 s einen Messwert aufgenommen.


Vergleichsmessung bei Zimmertemperatur. Der Lumenwert wird während der gesamten Akkulaufzeit alle 10 s gemessen.

Die Messung bei Frost erfolgte im Tiefkühler bei -13 °C. Ich hätte auch noch tiefere Temperaturen wählen können. Aber es ging mir hier nicht um Extreme, sondern um eine Temperatur, die in Mitteleuropa zwar als einigermaßen tief einzuordnen ist, aber zumindest gelegentlich vorkommt. Und die wärmste Einstellung meines Tiefkühlers erreichte – 13 °C (nachgemessen), was mir für diesen Zweck brauchbar erschien. Um den Fahrtwind zu simulieren, der die Lampen kühlt, wurde außerdem ein Lüfter über den Lampen platziert. Vor Messbeginn wurden die Lampen ca. 1 Stunde im Tiefkühler gelagert, bevor sie eingeschaltet wurden.


Akku-Fahrradlampen im Tiefkühler, Fahrtwind durch Lüfter simuliert.

Da meine Messeinrichtung viel zu groß für den Tiefkühler ist und ich mir auch nicht sicher bin, welchen Einfluss so tiefe Temperaturen auf die Messgeräte hätten, habe ich die Lumenmessung außerhalb des Tiefkühlers vorgenommen. Dafür wurden die Lampen alle 5 Minuten kurz aus dem Tiefkühler entnommen, ein Messwert aufgenommen und die Lampen möglichst schnell wieder in den Tiefkühler befördert. Es war ein spannender Vormittag, 3 Stunden vor dem Tiefkühler zu sitzen, mit einem Intervalltimer, und alle 5 Minuten zu messen :) Aber eine effizientere Methode ist mir nicht eingefallen. Dadurch, dass nur alle 5 Minuten gemessen wurden, ist die Kurve entsprechend etwas gröber. Gerade bei plötzlichem Abschalten oder Herunterschalten der Lampe zeigt sich das in einer geringeren Flankensteilheit, da man nicht genau weiß, wann genau in den 5 Minuten die Lampe abgeschaltet hat. Auch ist die Kurve nicht ganz so glatt. Jedes Mal, wenn man die Lampe neu in die Messeinrichtung hält, hält man sie ein klein wenig anders, was den Messwert ein wenig beeinflusst. Dies sei nur erwähnt um zu unterscheiden, welche Aspekte der unten folgenden Kurven durch das leicht unterschiedliche Messverfahren bei Zimmertemperatur und Frost verändert werden.

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Messergebnisse bei -13 °C vs. Zimmertemperatur

Hier die aufgenommenen Kurven der drei Lampen. Jeweils bei Zimmertemperatur und bei -13 °C. Alle drei Lampen waren auf die höchstmögliche Leuchtstufe geschaltet.

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Bei der Ixon Space zeigt sich, dass der Lumenwert bei Kälte sogar etwas steigt. Das ist auch durchaus plausibel, denn die Effizienz von LEDs wird bei niedrigen Temperaturen größer. Dem entgegen wirken könnte höchstens, wenn der Akku aufgrund der Kälte den nötigen Strom nicht mehr liefern kann. Das ist hier aber offensichtlich nicht der Fall.

Die Akkulaufzeit ist jedoch reduziert. Statt 140 Minuten bis die Helligkeit langsam abnimmt, geschieht das bei Frost schon nach 115 Minuten. Damit ist die Akkulaufzeit um etwa 18% reduziert.

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Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Trelock LS 660. Auch hier steigt die Lichtausbeute bei niedriger Temperatur etwas, allerdings ist der Effekt schwächer als bei der Ixon Space. Die Akkulaufzeit ist auch hier reduziert. Während die LS 660 bei Zimmertemperatur nach 170 Minuten in den deutlich dunkleren Notmodus schaltet, ist das bei -13 °C schon nach 135 Minuten, also 21% weniger, der Fall.

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Interessant ist der Lumen-Verlauf bei der Knog Blinder 120. Diese startet mit einer verringerten Helligkeit. Offensichtlich reicht die Leistungsfähigkeit des Akkus hier nicht mehr für die volle Leistung aus. Allerdings erwärmt die Lampe den Akku im Betrieb dann und der Akku kann wieder mehr leisten. Nach 15 Minuten wird die Helligkeit bei Zimmertemperatur wieder erreicht.
Die Helligkeitsreduktion gegen Ende und das Abschalten am Ende erfolgen etwas früher. Nach 115 statt 124 Minuten (-7%) schaltet die Lampe ab. Das ist eine recht geringer Reduktion. Beeinflusst wird das eventuell durch die geringere Energieabgabe am Anfang (hier wird etwas Ladung „gespart“). Eventuell wird der Akku im Betrieb aber auch etwas stärker erwärmt als bei den anderen Lampen – das wäre durch die höhere Leistung der Blinder 120 denkbar.

Grob gemessen habe ich übrigens auch einige andere Lampen: die Cateye GVolt 70.1, Sigma Sport Aura 80 und Aura 100 und Busch & Müller Ixon Rock. Leider habe ich bei diesen Messungen zu selten gemessen, deshalb sind die Messergebnisse hier nur bedingt aussagekräftig (wenn man alle 30 Minuten misst weiß man nicht, wann die Lampe in dieser Zeit ausgegagen ist). Aber zumindest waren die Ergebnisse hier qualitativ ähnlich. Keine Reduktion der Helligkeit (das war anfangs bei der Knog Blinder 120 wirklich einmalig), eher eine leichte Steigerung. Und die Akkulaufzeit hat sich zwar verkürzt, jedoch bei keiner Lampe dramatisch.

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Kritisch betrachten muss man natürlich noch die Tatsache, dass der Lüfter den Fahrtwind eventuell nur unzureichend simuliert. Ob der vom Lüfter erzeugte Luftstrom so stark ist wie während der Fahrt, ist nicht ganz klar. Und das könnte durchaus nicht ohne Einfluss sein. Denn alle Lampen haben sich trotz allem erwärmt. Die Oberfläche am Lampengehäuse dort wo sich der Akku befindet, war zwar bei allen drei Lampen kalt, aber deutlich wärmer als die -13 °C Umgebungstemperatur. Ein stärkerer Luftstrom würde damit zu einer stärkeren Abkühlung und damit eventuell schlechteren Ergebnissen bei der Laufzeit sorgen.
Aber eventuell könnte man hier auch kreativ werden. Eine dünne Schicht isolierendes Material um das Gehäuse der Lampen geklebt würde die Ergebnisse möglicherweise durchaus verbessern. Ich würde allerdings darauf achten, dass die isolierende Schicht oberhalb der LED, wo sich der Kühlkörper für diese befindet, ausgespart wird. Denn die LED ist empfindlich gegen Überhitzung.

Akkulaufzeit bei Frost von Rücklichtern

Im letzten Abschnitt haben wir gesehen, dass die Selbsterwärmung der Lampen wohl einen deutlichen Effekt auf das Funktionieren der Lampen bei Kälte hat. Aber wie sieht es jetzt in niedrigeren Leuchtstufen aus oder gar bei Rücklichtern, die sich im Betrieb kaum erwärmen?

Dazu habe ich die Laufzeit von zwei Rücklichtern gemessen – auch hier wieder bei Zimmertemperatur und bei -13 °C im Tiefkühler. Die Laufzeit seht ihr im folgenden Diagramm:

Das Lezyne Strip Drive habe ich dabei in der mittleren von drei Leuchtstufen gemessen. Die höchste ist hier recht hell und ich wollte verhindern, dass die Messergebnisse durch einen sich leicht erwärmenden Akku beeinflusst werden. Auch hier wurden die Lampen vor dem Einschalten wieder 1 Stunde heruntergekühlt.

Ich hatte ehrlich gesagt schechtere Ergebnisse erwartet und war dann doch einigermaßen positiv überrascht. Das Lezyne Strip Drive hatte bei -13 °C nur eine um 7% verringerte Akkulaufzeit. Das Sigma Sport Nugget II war mit -23% Laufzeit zwar etwas schlechter, aber auch das ist denke ich noch akzeptabel.

Zusammenfassung & Fazit

Von den Ergebnissen der Messung war ich einigermaßen positiv überrascht. Die Akkulaufzeit der getesteten Lampen war zwar bei -13 °C in allen Fällen reduziert, allerdings fiel die Reduktion nicht dramatisch aus. Sowohl bei Frontlampen als auch bei Rücklichtern war die Reduktion der Akkulaufzeit um gut 20% oder teils auch deutlich weniger sicher noch im verkraftbaren Bereich.

Ob die Ergebnisse auf alle Lampen und alle Rahmenbedingungen übertragbar sind ist zwar nicht ganz klar. Allerdings stimmen mich die Ergebnisse zuversichtlich, dass man bei in Deutschland normalerweise auftretenden Temperaturen normalerweise keine Probleme mit der Funktion seiner Fahrradlampen haben dürfte. Auf eine etwas kürzere Akkulaufzeit sollte man sich jedoch einstellen. Und auf die Tatsache, dass ein Nachladen bei Frost unterwegs mit einer Powerbank nicht möglich ist, da ein Laden bei tiefen Temperaturen den Akku schädigen kann.

Welche Erfahrungen habt ihr mit akkubetriebener Fahrradbeleuchtung bei Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt gemacht? Hinterlasst dazu gerne unten einen Kommentar!

Video zu Akku-Fahrradlampen im Winter


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