Testbericht: Kemo M172N

11. August 2022

Kemo M172N

Kategorie: Dynamo-Lader

Vorteile:
+ sehr günstiger Preis

Nachteile
eher geringe Ladeleistung
durch fehlenden Pufferakku bei einigen Geräten (insbesondere Smartphones) dauerhaft verringerte Ladeleistung, wenn einmal langsam gefahren wurde

Bezugsquellen:
* Anzeige: Amazon*, eBay*

Fazit
Der Kemo M172N ist ein besonders günstiger Dynamo-Lader. Allerdings ist die Ladeleistung eher gering. Je nach zu ladendem Gerät können auch nochmals deutlich geringere Leistungen als das theoretische Maximum und/oder Probleme bei wechselnden Geschwindigkeiten zustandekommen. Wenn man nur geringe Ladeleistungen benötigt, ist der Kemo M172N eventuell trotzdem ausreichend. Bei höheren Anforderungen (z.B. zur Navigation genutztes Smartphone) sollte man aber auf einen leistungsstärkeren Dynamolader setzen.

Transparenzhinweis: Das Kemo M172N habe ich für den Test gekauft und selbst bezahlt.

Verpackung und Lieferumfang

Der Kemo M172N wird in einer Blisterverpackung geliefert. Diese ist leider schwer zu öffnen und verursacht etwas mehr Müll als nötig.

Enthalten sind in der Verpackung:
  • der Kemo M172N
  • ein USB-Kabel (USB-A auf Micro-USB)
  • 1 Kabelbinder
  • Bedienungsanleitung (Deutsch, Englisch, Tschechisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Russisch)

Montage und Bedienung

Der Kemo M172N besteht aus einem Plastikgehäuse. Oben hat man einen Schalter, mit dem man zwischen Scheinwerferbetrieb und Ladebetrieb umschalten kann. Eine LED neben dem Schalter zeigt an, dass der Ladebetrieb aktiv ist.

Befestigt werden kann der Kemo M172N durch eine entsprechend geformte Rückseite am Rahmen. An zwei Löchern kann der mitgelieferte Kabelbinder durchgeführt und das Gehäuse damit am Rahmen fixiert werden.

Um den M172N am Dynamo anzuschließen, muss das Gehäuse geöffnet werden, was nach Entfernen von 4 Schrauben einfach geht. Im Inneren befinden sich 3 Anschlussklemmen. Vor diesen sind 3 Löcher im Gehäuse, durch welche die Anschlusskabel geführt werden können.
Außen am Gehäuse sind die einzelnen Anschlussklemmen mit Light (Licht), Dynamo und Frame (Rahmen) bezeichnet. Das bezieht sich auf eine elektrische Verkabelung, bei der ein Pol über den Rahmen geleitet wird, was heute eigentlich nicht mehr üblich ist. Natürlich kann man aber auch eine heute übliche Zweidrahtverkabelung verwenden. Das Doppelkabel zum Dynamo schließt man an „Frame“ und „Dynamo“ an, den Anschluss des Scheinwerfers an „Light“ und „Frame“.
Alternativ ist natürlich auch eine einfache Parallelschaltung von Kemo und Scheinwerfer möglich. Man schließt also das Scheinwerferkabel und gleichzeitig die Anschlüsse „Dynamo“ und „Frame“ an den Dynamo an. Dann muss man allerdings immer den Scheinwerfer ausschalten, damit das Kemo Energie ernten kann. Wenn der Scheinwerfer leuchten soll, schaltet man diesen ein und schaltet den Schalter des Kemo auf „Light“.

Ladeleistung des Kemo M172N

Mit meinem Versuchsaufbau habe ich die Ladeleistung des Kemo M172N bestimmt. Dabei wurde ein Nabendynamo (Shimano Nexus DH-C3000-3N) von einem Motor angetrienen. Zur Geschwindigkeitsmessung war ein Fahrradtacho angebracht, in dem eine Laufradgröße von 28 Zoll (2100 mm Abrollumfang) einprogrammiert war.

Am Nabendynamo war der Kemo M172N angeschlossen. Am USB-Ausgang war eine elektronische Last angeschlossen, an der sich der Strom einstellen lässt. Für die Messung wurde der Strom bei jedem Messpunkt so eingestellt, dass das Maximum an Leistung erreicht wird, wobei eine Ausgangsspannung von mindestens 4,8 V einzuhalten war.
Außerdem wurde mit einigen realen Geräten (Smartphones und Powerbanks) am Ladeanschluss die Ladeleistung bestimmt. Das ist sinnvoll um zu überprüfen, ob die optimale Leistungsentnahme einer einstellbaren elektronischen Last auch von realen Geräten erreicht wird. Dabei wurde vor jeder Messung das Ladekabel neu eingesteckt, um eine Neuaushandlung des Ladestroms zu erreichen. Durch den fehlenden Pufferakku des M172N ergeben sich bei schwankenden Geschwindigkeiten nämlich noch einige Besonderheiten, die weiter unten erklärt werden.


Versuchsaufbau zur Bestimmung der Leistung des Kemo M172N

Hier dargestellt im Diagramm die aufgenommenen Messwerte:

Betrachtet man zunächst einmal nur die blaue Kurve für die regelbare elektronische Last fällt auf, dass die Ladeleistung gerade im besonders relevanten Bereich zwischen 15 und 25 km/h vergleichsweise gering ist. Der Cycle2Charge V3 beispielsweise, auch ein Lader ohne Pufferakku, erreicht hier deutlich höhere Leistungen. Bei sehr hohen Geschwindigkeiten erreicht der Kemo M172N aber einigermaßen hohe Leistungen.

Betrachtet man die Ladeleistungen an realen Geräten, sieht das Bild noch schlechter aus. Bei Geschwindigkeiten über 15 km/h blieb das Ladeergebnis bei allen Geräten die ich getestet habe deutlich unter dem theoretischen Maximum der elektronischen Last zurück. Einige Geräte zeigten auch ein merkwürdiges Verhalten, mit immer wieder schwankendem Ladestrom bei gleicher Geschwindigkeit. Natürlich kann ich hier nicht alle Geräte testen. Aber ich habe stichprobenhaft auch noch einige andere Geräte als die dargestellten getestet. Aber auch hier habe ich nirgendwo Ergebnisse gemessen, die bei höheren Geschwindigkeiten auch nur annähernd an das Ergebnis der elektronischen Last kommen.

Erreicht der Kemo M172N denn immerhin die Herstellerangabe? Diese ist mit „max. 500 mA mit normalem Dynamo oder 800 mA mit stärkerem Dynamo“ angegeben. Bei 5 V Spannung entspricht das 2,5 W bzw. 4 W. An die 2,5 W kommt die Ladeleistung in vielen Fällen bei ausreichend hohen Geschwindigkeiten zumindest recht nah dran. In die Nähe der entsprechenden 4 W der angegebenen 800 mA konnte ich aber nur mit einem realen Gerät halbwegs kommen. Wie oft man das erreichen kann, ist mit meiner kleinen Stichprobe schwer zu sagen, aber ich würde vermuten, eher selten.

Noch eine kurze Anmerkung zum vom Hersteller angegebenen „stärkeren Dynamo“: was ein „stärkerer Dynamo“ sein soll, erschließt sich mir nicht. Nach meiner Erfahrung sind die typischen 6V/3W Dynamos alle ungefähr gleich leistungsstark. Unterschiede gibt es hier vor allem im Wirkungsgrad. Günstigere Dynamos brauchen mehr mechanische Leistung, um die gleiche elektrische Leistung zu erzeugen. Dass mit anderen Dynamos als dem von mir verwendeten deutlich höhere Leistungen möglich sind, kann ich mir daher nicht vorstellen.

Konsequenzen des fehlenden Pufferakkus

Bei den oben vorgestellten Ergebnissen hatte ich erwähnt, dass an jedem Messpunkt das Ladekabel am zu ladenden Gerät neu eingesteckt wurde. Denn bei einem Dynamo-Laderegler ohne Pufferakku wie dem M172N ergibt sich folgendes Problem: der mögliche Ladestrom schwankt je nach Geschwindigkeit. Damit können leider nicht alle Geräte gut umgehen. Teilweise ist es so, dass der Ladestrom, wenn er einmal abgesunken ist, bei wieder steigender Geschwindigkeit nicht wieder ansteigt, sondern auf niedrigem Niveau verharrt. Erst nach einem kompletten Stopp des Ladevorganges (durch Anhalten oder Neueinstecken des Ladekabels) wird der Ladestrom neu eingestellt.

Bei meinen Versuchen zeigten insbesondere Smartphones hier Probleme. Alle von mir getesteten Smartphones (Oneplus 5T, Motorola Moto G4 und G6 und auch ein uraltes Samsung Galaxy Ace 2) erhöhten den Ladestrom nach zwischenzeitlichem Absinken nicht wieder. 5 von 6 getesteten Powerbanks funktionierten dagegen bei wechselnden Geschwindigkeiten ohne Probleme und erhöhten den Ladestrom wieder. Aufgrund der Vielfalt an Geräten ist es aber natürlich nicht möglich, daraus allgemeingültige Schlüsse zu ziehen.

Anders als einige andere Dynamo-Lader ohne Pufferakku (z.B. Cycle2Charge V3 und Velotor SE2) hat der Kemo M172N auch keinen Algorithmus integriert, welcher den Ladevorgang bei wechselnder Geschwindigkeit automatisch kurz unterbricht, um eine Neufestlegung des Ladestroms zu erreichen. Beim Kemo bleibt einem höchstens die Möglichkeit, das Ladekabel selbst nach Phasen mit sehr langsamer Geschwindigkeit kurz abzuziehen und wieder einzustecken – oder den Schalter kurz auf Licht und wieder zurück zu schalten. Damit lassen sich die Ladeergebnisse bei konsequenter Anwendung verbessern.

Fazit

Der Kemo M172N ist ein besonders günstiger Dynamo-Lader. Allerdings ist die Ladeleistung eher gering. Je nach zu ladendem Gerät können auch nochmals deutlich geringere Leistungen als das theoretische Maximum und/oder Probleme bei wechselnden Geschwindigkeiten zustandekommen. Wenn man nur geringe Ladeleistungen benötigt, ist der Kemo M172N eventuell trotzdem ausreichend. Bei höheren Anforderungen (z.B. zur Navigation genutztes Smartphone) sollte man aber auf einen leistungsstärkeren Dynamolader setzen.

Kemo M172N kaufen bei:
* Anzeige: Amazon*, eBay*

Eine gute Alternative ist der Cycle2Charge V3. Er kostet zwar schon deutlich mehr, gehört aber immer noch zu den eher günstigen Dynamoladern. Die Ladeleistung übertrifft den M172N in den meisten Fällen deutlich. Für noch mehr Ladeleistung muss man dann dreistellige Beträge investieren.

Der Kemo M172 ist eine ältere Version. Laut Hersteller ist seine Leistung geringer, an realen Geräten zeigen meine Tests aber meistens die gleiche Ladeleistung wie der M172N. Der M172 kommt aber nicht gut mit zu hoher Dynamospannung (tritt insbesondere bei Nabendynamos auf) klar und schaltet teilweise schon ab 24 km/h ab. Deshalb würde ich ihn für Nabendynamos nicht empfehlen.

Mehr über das Kemo 172N gibt es auch in folgendem Video, in dem ich 4 günstige Dynamolader verglichen habe:


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